«Wenn man umfällt, muss man wieder aufstehen»
Eine Hirnblutung verändert das Leben von Sandro Ferrara enorm. In der Rehaklinik Tschugg arbeitet er hart daran, Stück für Stück seine Freiheit von früher zurückzuerlangen.
Sandro Ferrara, den alle nur «Ciccio» nennen, absolviert eine Therapieeinheit in der Rehaklinik Tschugg und strahlt. Der gut gelaunte Charmeur versprüht seinen Optimismus überall und hat immer einen guten Spruch auf Lager. Gerade hat er auf einem speziellen Robotikgerät trainiert: dem Gangtrainer «G-EO». Das Trainingsgerät unterstützt ihn beim Aufbau von seinen motorischen Fähigkeiten. Anne Sommer, Abteilungsleiterin Physiotherapie und Co-Bereichsleiterin Therapie der Rehaklinik Tschugg schaut, dass Sandro die Bewegungen korrekt ausführt. Er läuft bereits wieder erstaunlich gut. Doch bis zu diesem Punkt war es ein langer Weg.
Blenden wir die Zeit zurück. Sandro ist eine Person, die das Leben geniesst. Aber er ist auch eine Person, die hart arbeitet. «Work hard, play hard», wie das Sprichwort so schön heisst. Im Jahr 2016 ist es aber zu wenig «play» und zu viel «work»: Sandro ist damals selbstständig und hat ein Reinigungsinstitut. Nebenbei arbeitet er in einer anderen Firma als rechte Hand für den Firmenbesitzer. So ist es nicht unüblich, dass er bis zu 14 Stunden am Tag unterwegs ist. In seinen vollgestopften Tag versuchte er auch noch, Sport und das Leben als Familienvater unterzubringen.
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Dass gesundheitlich etwas nicht stimmt, merkte er nicht. «Ich hatte keine alarmierenden Warnzeichen wie Kopfschmerzen oder dergleichen, sondern fühlte mich kerngesund», erinnert er sich. Im Januar 2016 geht Sandro mit Kollegen zu einem Hockeymatch. In der Pause will er für seine Kollegen Getränke holen. Als er zurückkehrt, spürt er plötzlich seine linke Hand nicht mehr und lässt die Getränke fallen. «Meine Kollegen machten zuerst noch Spässe, dass ich zu viel Alkohol getrunken habe und darum die Getränke fallen gelassen hätte», erinnert sich Sandro. Als aber klar wird, dass Sandro seine linke Hand und auch seinen linken Arm nicht mehr bewegen kann, erkennen die Kollegen die Situation und rufen die Ambulanz.
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Die Ambulanz benötigte leider ziemlich lange, bis sie vor dem Hockeystadion war. Dann geht es aber auf dem schnellsten Weg ins Spital nach Biel. Von dort wird Sandro nach einer kurzen Untersuchung direkt mit dem Helikopter ins Berner Inselspital transportiert. «Im Spital in Biel konnten sie meine starke Hirnblutung nicht unter Kontrolle bringen, darum wurde ich verlegt», erinnert sich Sandro. Eine Zeit lang wird er im bekannten Anna-Seiler-Haus des Inselspitals Bern gepflegt. Als er die intensive Pflege nicht mehr benötigte, wird er für mehrere Monate in die Rehaklinik Tschugg überwiesen.
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«Das war ein absoluter Glücksfall. Ich kannte die Rehaklinik Tschugg schon vorher und hörte auch im Inselspital viel Positives über die zahlreichen Therapien vor Ort», erklärt Sandro. Mehrere Patientinnen und Patienten im Anna-Seiler-Haus wechseln nach ihrem Aufenthalt im Inselspital für die Rehabilitation jeweils in die Rehaklinik Tschugg. Darum kennt Sandro bei seiner Ankunft bereits ein paar Mitpatientinnen und Mitpatienten, welche ihm den Start in der Rehaklinik Tschugg erleichtern. «Wir waren eine lustige Truppe. Einerseits machten wir zusammen Spässe. Anderseits motivierten wir uns gegenseitig, in den Therapien Vollgas zu geben», erinnert sich Sandro.
Am Anfang konnte er keine Zeichnung machen oder sich etwas für einen längeren Zeitraum merken. Er musste lernen, wieder richtig zu reden in der Logopädie. Sein Gesicht auf der linken Seite hing runter, sodass er sich im Spiegel nicht wiedererkannte. Nach und nach konnte er viele Fähigkeiten wieder aneignen. Während seiner Reha erzählt Sandro allen, dass er in die Rehaklinik Tschugg zwar mit einem Rollstuhl gefahren wurde, aber sie auf eigenen Beinen verlassen werde. Als er die Rehaklinik Tschugg dann nach mehreren Monaten am letzten Tag tatsächlich auf eigenen Beinen verlassen konnte, hatten einige Pflegefachkräfte Tränen in den Augen und konnten es fast nicht glauben.
Ein letztes grosses Ziel für Sandro ist, wieder Auto fahren zu können. Er hatte seinen Führerausweis eingeschickt und dachte, er bekäme einen Behindertenausweis, was leider nicht stattgegeben wurde. Darum muss er die ganze Prüfung nochmals machen. Bis dahin arbeitet er eifrig in der Rehaklinik Tschugg. Sandro ist glücklicherweise gut versichert. Darum kann er jedes Jahr einen Aufenthalt in der Rehaklinik Tschugg machen. «In der Rehaklinik Tschugg stimmt für mich einfach alles: Vom Personal über die Therapieräume bis zum Essen ist alles tipptopp», sagt Sandro.
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Jedes Jahr lernt er neue Mitpatientinnen und Mitpatienten kennen und knüpft dabei Freundschaften. Durch seine Offenheit und seine Fähigkeiten, vor Publikum zu reden, konnte er vor kurzem einen Vortrag über seine Geschichte in der Rehaklinik Tschugg halten. Seine Rede kam sehr gut an. Sandro überlegt sich nun, solche Vorträge auch an anderen Rehakliniken zu machen. «Als Patient ist es natürlich besonders interessant, wenn ein anderer Patient von seinem Weg erzählt. Denn andere Patienten verstehen oft die Herausforderungen, denen man als Patient gegenübersteht. Dadurch kann ein guter und wichtiger Austausch entstehen», erklärt Sandro. Auf seinem Instagramaccount dokumentiert er seine beeindruckenden Fortschritte.
«Viele Patientinnen und Patienten haben Mühe mit der Akzeptanz ihres Werdegangs. Sie leben dann in der Vergangenheit und trauern um das, was einmal war. Aber verändern kann man nur die Gegenwart, um eine bessere Zukunft zu erreichen. Am Anfang ist es natürlich sehr schwer, Dinge wieder zu lernen, die man zum Teil schon als Kind gelernt hat: wie man duscht, sich anzieht. Als Patient muss man lernen, die Komfortzone zu verlassen und auch wieder versuchen, so selbständig wie möglich zu werden. Wenn das Glas beim Greifen einmal zu Boden fällt, ist das eben so. Aber mit regelmässiger Übung wird es vielleicht wieder möglich sein, das Glas selbst zu greifen», sagt Sandro.
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Sandro hat sich nach seiner Hirnblutung tätowieren lassen: I can. Es soll ihn motivieren und daran erinnern, dass er etwas tun kann. Wenn er hinfällt, steht er wieder auf. Egal, was auf ihn zukommt: Er will sich allen Herausforderungen stellen. Aufgeben kommt für ihn nicht in Frage. «Mittlerweile lebe ich genauso wie vor der Hirnblutung. Ich lese, schaue fern, treffe mich mit Kollegen, fahre sogar in die Ferien. Es geht nun alles einfach langsamer. Aber es geht. Weil ich will und mich bemühe», sagt Sandro.
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