Besserer Schlaf dank Phytotherapie
Viele Patientinnen und Patienten schlafen schlecht. Prof. Dr. med. Dr. Martin Keck, Chefarzt der Rehaklinik Seewis findet, dass die Phytotherapie die klassischen Therapiemethoden wirkungsvoll ergänzen kann, wenn sie richtig eingesetzt wird.
Vielen Personen haben keinen guten Schlaf und kämpfen zeitweise oder auch dauerhaft mit Schlafproblemen. Zu den häufigsten Ursachen für Schlafprobleme gehören psychiatrische Erkrankungen, neurologische / internistische Erkrankungen, chronischer Stress, Schichtarbeit, Lärm, ungeeignete Lichtverhältnisse und Temperaturen sowie Jetlag. Prof. Dr. med. Dr. Martin Keck, Chefarzt der Rehaklinik Seewis kennt die Schlafprobleme seiner Patientinnen und Patienten sehr genau: «Der Schlafzyklus ist bei jeder Person verschieden. Sobald Schlafprobleme auftreten, hat das Auswirkungen auf die Gesundheit. So steigt beispielsweise bei von Schlafproblemen betroffenen Patientinnen und Patienten das Risiko, an einem Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erkranken, massiv an. Ebenfalls können Schlafprobleme zu erhöhtem Risiko für arterielle Hypertonie, Herzinfarkte, Adipositas, Diabetes mellitus Typ 2, Depressionen und Demenz führen.»
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Um die Schlafprobleme zu bekämpfen, gibt es verschiedenen Wege. Eine der Möglichkeiten, die es schon lange gibt, aber in den letzten Jahrzehnten wieder sehr populär wurde ist die Pflanzenheilkunde, auch Phytotherapie genannt. Die Phytotherapie war lange Zeit in der Komplementärmedizin angesiedelt, in der die Ansicht vorherrscht, dass Menschen ganzheitlich betrachtet und nicht bestimmte Krankheitsbilder individuell angeschaut werden sollen. Je länger, je mehr wird die Phytotherapie aber auch in der evidenz-basierten Medizin verwendet. Dies kann Prof. Dr. med. Dr. Martin Keck bestätigen, denn er beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Phytotherapie. Zu diesem Thema hat er zahlreiche Fachartikel sowie das Standardlehrbuch «Pflanzliche Heilmittel in Psychiatrie und Psychosomatik» publiziert. Ebenfalls bietet er regelmässig Fortbildungen über Phytotherapie für medizinisches Personal an.
Zusammen mit Dr. med. Jörg Melzer hat Prof. Dr. med. Dr. Martin Keck in einem Beitrag für die 25. Schweizerische Tagung für Phytotherapie aufgearbeitet, wie die Phytotherapie in der evidenzbasierten Medizin angekommen ist. Die Phytotherapie gibt es seit Urzeiten, wurde von der traditionellen Medizin aber lange Zeit nur sehr spärlich beachtet. Vor 20 Jahren begann jedoch eine Akademisierung der Komplementärmedizin/Naturheilkunde an verschiedenen Universitäten in Europa. Dadurch konnten mehr klinische Studien durchgeführt und in die medizinische Alltagspraxis integriert werden. Dies führte zu einer Professionalisierung der gesamten Phytotherapie. Die Phytotherapie war nicht mehr nur Sache von Naturheilern, sondern interessierte nun auch zahlreichen Forschende aus der Wissenschaft. Diese Forschenden orientierten sich an internationale Standards der evidenzbasierten Medizin. Durch die Resultate dieser Vorgehensweise stieg die Akzeptanz der Phytotherapie in der traditionellen Medizin stark an. In unterschiedlichen medizinischen Bereichen (Innere Medizin, Onkologie oder Psychiatrie als Beispiele) haben sich verschiedene Anwendungsformen der Phytotherapie mittlerweile breitflächig etabliert.
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Doch wie hilft nun Phytotherapie beim Schlaf genau? «Die Steuerung des Schlafs erfolgt über ein Zusammenspiel der Hormone Adenosin und Melatonin», erklärt Prof. Dr. med. Dr. Martin Keck. Der Schlafrhythmus wird dabei von zwei Prozessen gesteuert. Tagsüber wird viel Energie verbraucht, wodurch Adenosin entsteht. Der Anstieg des Adenosinspiegels signalisiert dem Körper, dass er müde wird – der Schlafdruck wird stärker. Im Schlaf wiederum bauen wir Adenosin ab. Der zweite Prozess wird durch das Hormon Melatonin gesteuert. Wie viel Melatonin unser Körper ausschüttet, hängt von den Lichtverhältnissen in unserer Umgebung ab. Bei Dunkelheit steigt der Melatoninspiegel – wir werden müde und unsere Schlafbereitschaft steigt. Licht hingegen hemmt die Produktion von Melatonin. Und hier setzt beispielsweise die Wirkung von phytotherapeutischen Erzeugnissen wie Baldrian und Hopfen an. «Baldrian entspricht dem Adenosin und Hopfen dem Melatonin», erklärt Prof. Dr. med. Dr. Martin Keck. Beide pflanzlichen Wirkstoffe binden an die jeweiligen Rezeptoren an.
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Ein Problem in der Phytotherapie ist aber nach wie vor vorhanden. Und zwar sind viele der pflanzlichen Präparate nicht als Arzneimittel zugelassen. Einige sind aufgrund eines langen dokumentierten Gebrauchs als traditionelle Heilmittel anerkannt, ohne dass die klinische Wirksamkeit durch gut kontrollierte, randomisierte klinische Studien nachgewiesen wurde. Bei der rationalen Phytotherapie, wie sie die Rehaklinik Seewis praktiziert, muss sowohl die pharmazeutische Qualität des pflanzlichen Arzneimittels, die Unbedenklichkeit als auch die Wirksamkeit der Therapie garantiert und wissenschaftlich bewiesen werden. Demnach unterliegen Phytopharmaka in der Schweiz auch den Anforderungen des Bundesgesetz über Arzneimittel und Medizinprodukte (Heilmittelgesetz) hinsichtlich Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit. Sie bedürfen vor der Zulassung, wie andere Arzneimittel, erst der Genehmigung durch die zuständige Gesundheitsbehörde. In der Rehaklinik Seewis wird beispielsweise erfolgreich ein bewährtes und nebenwirkungsarmes Johanniskrautpräparat zur unterstützenden Depressionsbehandlung eingesetzt. Zudem wird das pflanzliche Stabilisierungs- und Beruhigungsmittel Relaxane, eine Kombination aus Melisse, Pestwurz, Passionswurzel und Melisse, geschätzt. Prof. Dr. med. Dr. Martin Keck konnte in einer grossen Studie an 1500 Patientinnen und Patienten zeigen, dass hiermit die Verordnung von Benzodiazepinen reduziert oder gar vermieden werden kann.
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Der grosse Vorteil der Phytotherapie ist, dass sie bei richtiger Anwendung äusserst nebenwirksamkeitsarm ist. Das veranlasst auch viele Patientinnen und Patienten, diese Behandlungsmöglichkeiten einmal auszuprobieren. «Obwohl unbestreitbar ist, dass bei schwergradigen psychischen Erkrankungen Phytotherapeutika alleine keine ausreichende Wirkung erzielen, ist die Phytotherapie wirksam bei leichten bis mittelgradigen Depressionen, Erschöpfungssyndromen wie Burn-out, bei Schlafstörungen sowie bei Patientinnen und Patienten mit Somatisierungsstörungen und undifferenzierten somatoformen Störungen. Zudem kann eine phytotherapeutische Behandlung die Akzeptanz anderer wichtiger Behandlungsformen erhöhen oder Nebenwirkungen lindern», erklärt Prof. Dr. med. Dr. Martin Keck. Wichtig sei, dass die Phytotherapie mit einem Arzt besprochen und auf alle anderen Therapien abgestimmt wird.
Weitere Informationen finden Sie unter den einzelnen Therapien der Psychosomatik/Psychiatrie der Rehaklinik Seewis. |